Natur und Mensch: 1 Tag Die Wirtschaft im oberen Marecchiatal damals und heute

1 Tag

Route: Perticara | Sulphur (Schwefelmine)
CasteldelciCasa Museo Sandro Colarieti (Heimatmuseum)

 

Wenn wir der Marecchia von Rimini flussaufwärts an den Städtchen des Montefeltro entlang folgen, die vor kurzem der Provinz Rimini zuge schlagen wurden, begeben wir uns auf eine Zeitreise. Die leicht hügelige Landschaft wird von Felserhebungen wie der von San Leo aufgebrochen wird von gründen Weiden und dichten Wäldern bestimmt. Auf diesen Wegen sind schon unsere Vorfahren gegangen - von einer Weide zur anderen oder auf dem Weg zum Holzschlagen oder Bäume pflanzen, wer weiß? Auch heute noch betreiben Menschen im Marecchiatal Schafzucht, sie jagen (in der Regel Wildscheine) und arbeiten im Wald.


Türme und Burgen erinnern uns an die ständigen Kämpfe in diesem Landstrich seit der Spätantike, aber auch an das Mittelalter und den historischen Kampf zwischen den Familien Montefeltro und Malatesta. Außerdem gibt es immer wieder Hinweise auf die Wurzeln in der Urzeit und der Römerzeit. Die Beziehung zwischen Mensch und Natur wurde von den Waldgöttern (Silvano und Diana, die in der Romagna besonders verehrt wurde) bestimmt. Die Wirtschaft fußte auf Waldwirtschaft und Schafzucht, und die Steinbrüche und Schwefelminen deckten den Bedarf der ganzen Küstenregion.
Eine stabile Wirtschaft der heutigen Zeit, die auch die Traditionen der Vergangenheit bewahrt, kann auch unberührte Natur erhalten.


Heute lebt die Region wohl am meisten von den gastronomischen „Roh stoffen“ - von den Trüffeln aus Sant’Agata Feltria, vom schmackhaften Pecorino Käse, vom Brot aus Maiolo, von erstklassigem Fleisch und aus ge zeichnetem Honig. Diese typischen Produkte werden auf den Dorf festen im Tal regelrecht gefeiert. Dort bleiben das Wissen und die Arbeit der Menschen erhalten - ein kulturelles Erbe, das im oberen Marecchiatal seinen Ursprung hat und verschiedene Einflüsse widerspiegelt. Die Vielfalt dieser Einflüsse ist in der Landschaft ebenso zu sehen wie in der Archi tektur und in den verschiedenen
Museen der Provinz Rimini. Die Realität heute stellt man sich wohl am besten als ein Mosaik vor.


In Novafeltria finden wir ein weiteres Mosaiksteinchen:

  • das seit der Antike (und der Römerzeit) für seine Bodenschätze bekannte Perticara. Seit dieser Zeit wird hier Schwefel gewonnen - und damit die Vielfalt der ansonsten auf Landwirtschaft basierenden Wirtschaft erweitert.
  • Das Bergbaumuseum Sulphur ist der 1964 zu Ende gegangenen Schwefel gewinnung gewidmet. Hier kann man eine zum Museum umgebaute Schwefelmine besichtigen und dabei eine Geschichte kennenlernen, die auch von Opfern, Mühen und Gefahr geprägt war. Die Erschließung der Mine ist ein herausragendes Beispiel von gewerblicher Archäologie, und das Museum ist ein wichtiger Anlaufpunkt für alle, die den Bergbau für sich entdecken möchten: einen Schnittpunkt von Geologie, Industrie und Wirtschaft, der den Hintergrund für das Leben vieler Menschen bildete.
  • Wer weiter talaufwärts reist und dabei sogar bis Casteldelci kommt - an der Grenze zu Romagna und der Toskana - wird erstaunt sein über die  wunderschöne Umgebung des Geburtsortes von Uguccione della Faggiola, einem Söldnerführer, der in einem der Werke Dantes erwähnt wird. Das Dorf besteht in der Mehrheit aus Steinhäusern, die eine Blütezeit des Ortes im Mittelalter erahnen lassen.
    Die Stille hier wird nur vom Rauschen des Senatello, einem Nebenfluss nen und Pfeilspitzen hinterlassen, die auf aktive Jäger schließen lassen. In Pescaia und Calanco gefundene Gräber mit tönernen Öllampen als Grabbeigaben, die das Brandzeichen des Töpfers tragen, beweisen die Existenz von ländlichen Siedlungen aus der Kaiserzeit. Dort wurden weitere Gegenstände sogar aus republikanischer Zeit und der frühen Kaiserzeit gefunden: Tongeschirr für Tafel und Küche, Ton fliesen, bronzene Gegenstände, Öllampen, Webgewichte und Münzen. Sehr interessant ist auch der Abdruck einer genagelten Sandale in einer Fliese (der dann mit gebrannt wurde). Ein bedeutender Fund ist auch ein Glirarium - ein Tongefäß, in dem Schlafmäuse gemästet wurden - zur Zeit des Feinschmeckers Apicius eine Delikatesse. Im nahen Sestino gab es ähnliche Funde, die die eine weitverbreitete Haustierhaltung zu dieser Zeit belegen.
    Diese Funde sind weitere Mosaiksteine im Gemälde vom täglichen Leben der Menschen in diesem Bergland, zum Beispiel in Ponte Messa und Maciano (Pennabilli), das erst zu Beginn der Kaiserzeit zu voller Blüte kam.

 


Archäologie und Natur bringen die herausragenden Merkmale des Montefeltro zur Geltung - ein Erbe, das Tradition und Innovation, Kunst und Arbeit verbindet und scheinbar verwunschenen Orten Leben einhaucht:

  • wie in Talamello, wo die Gemäldegalerie des Museums auch Werke des zeitgenössischen Künstlers Fernando Gualtieri ausstellt; oder wie in Sant’Agata Feltria, wo die ländliche Kultur durch die Handarbeit der Einheimischen neu belebt wird und wo sich die mittelalterliche Tra dition für neue Formen öffnet - oder wie in Pennabilli, wo jahr tau sende alte Geschichte vom genialen Dichter Tonino Guerra neu gestaltet wird.

 

Entnommen aus Ariminum | Archäologische Entdeckungsreisen in und um Rimini