Die segensreichen Kastanienwälder

In den Wäldern der Provinz Rimini gibt es „Inseln“ aus Esskastanienwäldern, die im Oktober die Sammler zu herrlichen Spaziergängen einladen. Große und Kleine lassen sich von den herbstlichkühlen Temperaturen nicht abschrecken und machen sich auf ins obere Marecchia-Tal um Talamello, Uffogliano, Perticara, San Leo und Casteldelci oder ins obere Conca-Tal um Montefiore Conca und Gemmano, um dortan steilen Berghängen nach Esskastanien zu suchen.

 

In diesem Monat gibt es auch viele Kastanienfeste in beiden Tälern, vor allem in Talamello und Montefiore Conca, und es werden Gruppenausflüge zum „Maronisammeln“mit ortskundigen Führern angeboten. Die richtigen Orte findet man aber auch allein, und oft kann man mit den Landbesitzern einen günstigen Preisvereinbaren, um einen Tag lang dort Esskastanien zu sammeln.

 

Einer der wichtigsten Kastanienwälder der Provinz mit sehr alten Bäumen und besonders seltenen Pflanzen befindet sich in der unverfälschten Naturlandschaft des Monte Faggeto bei Montefiore. Auch die Esskastanienwälder von Case Suore, Monte Maggiore und Monte Auro gehören zum umfangreichen Kastanienwaldgebiet von Montefiore.

 

Der bekannteste Esskastanienwald im Marecchia-Tal ist der sog. „Esskastaniendschungel“ bei Uffogliano (Novafeltria), wo sich einst aufeinem Felsvorsprung die alte Burg erhob. Der ganze Bergrücken ist dichtbewaldet, und auch die Überreste der Burg sind an mehreren Stellen von Pflanzen überwuchert.

 

Weitere, zum Teil noch ausgedehntere Kastanienwälder findensich auf dem Monte Pincio bei Talamello und dem Monte Ercole und Monte Benedetto. Dort versteckten sich früher die Schmuggler, zuerst vor den Gendarmen des Kirchenstaats und dann vor denen des Königreichs Italien. Auch die Esskastanienwälder von Casteldelci spielten eine wichtige Rolle im Leben der Bergbewohner und trugen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei.

 

Wahrscheinlich verdanken wir die Anpflanzung von Esskastanien Mönchen, die sich im Mittelalter in den Tälern niederließen, vielleicht reicht sie aber auch bis in die römische Zeit zurück. Sie weitete sich dann schnellaus, da die Kastanienbäume nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Ernährunglieferten, sondern auch anderen Zwecken dienten.

Beispielsweise brauchte man sie im Marecchia-Tal für den Schwefelabbau. Dort wurden die oft mehrere hundert Meter tiefen Stollen mit Stützbalken und Streben aus Kastanienholz abgestützt, das zu den härtesten Holzarten in ganz Europa zählt.

 

Mit der beginnenden Industrialisierung verloren dieKastanienwälder schnell an Bedeutung. Man überließ nun die Bäume, dieoft von schweren Krankheiten befallen waren, sich selbst, und nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich durch den zunehmenden Wohlstand die langwährende enge Beziehung zwischen Mensch und Esskastanie immer mehr gelockert.

Es wurden immer weniger Esskastanien angepflanzt und nurwenige Naturfreunde kümmerten sich noch um die Anpflanzung und Pflegedes Baumbestands.